Der Abgas-Skandal und die Elektromobilität

Quelle: motor-talk.de
Quelle: motor-talk.de

Der Abgas-Skandal bewirkt eines:  Es rückt wieder ins Bewusstsein, was nur noch unbewusst wahrgenommen und wegen der sinkenden Spritpreise und mit Hilfe der Autoindustrie verdrängt wurde: Autos mit Verbrennungsmotor produzieren deutlich  mehr CO2 und Dreck, als uns die geschönten Zahlen der Autohersteller weismachen wollen. Diesel haben ein Problem mit in hohem Maße umwelt- und gesundheitsschädlichen Emissionen von Feinstaub und Stickoxyden. Benziner sind zwar sauberer, emittieren aber durch den (wegen der niedrigeren Energiedichte)  höheren Verbrauch deutlich mehr Kohlendioxyd.

 

Das könnte dazu führen, dass Verbrenner von den Autokäufern verstärkt als veraltet und Elektroautos wieder mehr als mögliche Alternative wahrgenommen werden. Auf jeden Fall ist zu erwarten, dass Autokäufer sich in nächster Zeit im Zweifel keinen Diesel kaufen werden. Mit der zurück gehenden Nachfrage wird auch die Produktion sinken. Das hat wiederum zur Folge, dass die Autobauer (vor allem VW, weil sie am stärksten vom Nachfragerückgang nach Dieseln betroffen sein werden) - wenn sie die künftig geltenden CO2-Grenzwerten einhalten wollen, mehr Elektroautos bauen müssen.

 

Einfluss auf die künftige Nachfrage wird auch haben, dass für Verbrauchs- und Emissionsmessungen sehr bald realistische Mess-Standards eingeführt werden. Diese werden erkennen lassen, wie hoch die Umweltbelastung durch Verbrenner tatsächlich ist und dass die mit Hybriden erzielbaren Einsparungen in keinem Verhältnis sowohl zu dem technischen Mehraufwand des Herstellers als auch dem monetären Mehraufwand des Kunden (für Anschaffung, Wartung und Reparaturen) stehen. Hinzu kommt, dass bei diesen Zwittern noch immer fossile Energie verbrannt wird, deren Anteil nur dann wirklich gering ist, wenn mit diesen Fahrzeugen nur kurze Strecken zurück gelegt werden. 

 

Weiterhin werden in den nächsten zwei Jahren Elektroautos auf den Markt kommen, die reale Reichweiten von über  300 km haben und im Preis günstiger  sind, als die bisherigen Kurzstrecken-Stromer. Viele werden ernsthaft über den Kauf eines Elektroautos nachdenken und zu dem Ergebnis kommen, dass wohl  300 km Reichweite - nicht nur für die täglichen Fahrten im Alltag, sondern auch für Urlaubsreisen (bei vorhandenen Schnelladestationen) - durchaus ausreichend sind. Weiterhin wird man dann feststellen, dass ein Elektroauto (aufgrund geringerer Folgekosten, insbesondere für Energie, Wartung und Reparaturen) wirtschaftlicher ist, als ein Verbrenner  (vgl. hierzu "Wirtschaftlichkeit...").

 

So wird es wohl zu einem Umdenken in Richtung reine Elektromobilität kommen. Das heißt, die Entwicklung weg von der fossilen Energie wird sich bei uns schon beschleunigen, bevor  die klimaveränderungsbedingten Gesetze zur Reduzierung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor  kommen werden (Vgl. hierzu auch meinen Beitrag über die Verbreitungsgeschwindigkeit der Elektromobilität.).

 

Dabei hätte die deutsche Industrie schon in den letzten Jahren mehr in die Elektromobilität investieren müssen, um eine Vormachtstellung von Asien und den USA zu verhindern. Eines ist klar: Auch wenn diese Investitionen getätigt worden wären oder noch erfolgen, gehen in Deutschland viele Arbeitsplätze verloren (vor allem bei den Werkstätten und  vielen Zulieferern, die sich dem Wandel nicht angepasst haben). Es entstehen aber auch neue. Wird nichts oder zu spät gehandelt, gehen noch mehr Arbeitsplätze verloren, ohne dass neue entstehen. Das ist dann das Ende der deutschen Automobilindustrie.

 

Die Einführung der Elektromobilität im Interesse des Arbeitsplätzerhalts zu verzögern, wie es der Bundeswirtschaftsminister beim Besuch von Elon Musk am 24.09.2015 in Deutschland angedeutet hat, ist bei einer disruptiven Entwicklung, wie wir sie hier haben, nicht möglich. Elon Musk hat durch die Blume  klar gemacht, dass sich hier schnell etwas ändern muss. Seiner  Meinung nach akzeptiert die oberste Führungsriege der deutschen Automobilkonzerne die Zukunft nicht und tut sich schwer, sich auf die nächste Technologieebene einzulassen. Weiterhin hat der Tesla-Chef festgestellt: "Die Regierung hört zu sehr darauf, was die deutschen Autohersteller sagen. Und wenn die falsch liegen, passieren die falschen Dinge." Letzteres war wohl bisher tatsächlich der Fall (vgl. Video "Das Märchen von der Elektromobilität"). Autobauer und Regierung müssen also umdenken und sofort handeln.

 

Es müssen jetzt rasch Produktionsstätten für Batterien aufgebaut und verstärkt Elektroautos entwickelt und produziert werden Dabei dürfen und können weder die angekündigte Wunder-Batterie von Bosch noch weitere staatliche Subventionen abgewartet werden. Speziell VW hat zwar jetzt weniger Geld für Investitionen, aber durch die zurückgehende Nachfrage mehr Kapazitäten für neuen Modelle.

 

Die Regierung muss jetzt alles tun, um ein Umfeld zu schaffen, das rasche und hohe Investitionen der deutschen Industrie in die Elektromobilität begünstigt. Subventionen für Gewerbetreibende und Flottenbetreiber sind da nicht die richtige Maßnahme, um die Massen-Elektrifizierung voran zu treiben. Aber auch Kaufprämien für die bisherigen Kurzstrecken-stromer sind fehl am Platz. Erforderlich sind eine stärkere Besteuerung von CO2 und Prämien für den Kauf von Langstrecken-Stromern (ab 380 km Reichweite nach NEFZ, das sind etwa 300 km real)  und zwar so lange, als diese (wegen der noch hohen Batteriepreise) nicht kostengünstig produziert werden können. Unterstützung und Förderung beim Aufbau eines wirklichen Schnell-Ladenetzes (wie es Tesla bereits hat) würden ebenfalls viel helfen. Das wäre dann aber eher Sache von Herrn Dobrindt, der bis jetzt allerdings völlig daneben liegt (s. "Die Ladesäulenbremse").

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