Was wäre, wenn?

Man stelle sich vor, es hätte sich vor hundert  Jahren der Elektromotor durchgesetzt und nicht der Verbrennungsmotor. Es wäre wahrscheinlich folgende Entwicklung eingetreten:


Das Automobil hat sich rasch verbreitet. Stetige Forschung und Entwicklung haben in über 100 Jahren viele Verbesserungen gebracht.  Leergefahrene Akkus können bei vervielfachter Speicherkapazität in 15 Minuten aufgeladen werden. Die Fahrzeuge werden – schon wegen der Bequemlichkeit – wie vor 100 Jahren meist zu Hause aufgeladen oder dort, wo sie sonst noch  längere Zeit stehen (z. B. beim Einkaufen im Supermarkt). Die Möglichkeit der Induktionsladung gibt es zwar, aber nur für LKW’s und Busse auf Autobahnen. Für PKW’s und auf anderen Straßen sind sie  nicht notwendig, da  1.000  km Reichweite schon seit Jahren Standard ist. Die Anschaffungs- und Betriebskosten für Elektroautos schätzen selbst Geringverdiener als niedrig ein, da Elektro- autos einfach konstruiert und Batterien und Strom eine absolute Massenware sind,  über die alle (meist aus Solar- oder anderen Ökostromanlagen) verfügen. Akkus halten inzwischen mindestens 15 Jahre, so dass die Hersteller eine lebenslange Garantie zusichern. Das ist auch notwendig, damit Autoakkus als kraftwerk-ersetzende Pufferspeicher für Solar-und Windenergie genutzt werden.


Niemand käme auf die Idee, sich ein Auto zu kaufen, das durch einen (mit Gas, Benzin oder ein Ölgemisch betriebenen) Verbrennungsmotor angetrieben wird.


Welche Vorteile hätte ein solches Fahrzeug? Wir würden keine finden. Die Nachteile (Explosions- und Brandgefahr, Gestank, Gesundheitsgefährdung durch Lärm und Ausstoß von teilweise karzinogenen Giftstoffen, klimaschädliche Wirkung durch Kohlendioxidemission, um zwei Drittel geringerer Wirkungsgrad, umständliche Bedienung durch Gangschaltung, schlechter und ungleichmäßiger Durchzug, weniger Komfort durch Geräusche und Vibrationen, höherer technischer Aufwand,  erheblich höhere Anschaffungskosten wegen fehlender Massenproduktion, zusätzliche Kosten für Treibstoff, Reparaturanfälligkeit und hoher Wartungsaufwand wegen vieler Verschleißteile, sowie „Ladefähigkeit“ nur unterwegs an speziellen explosions- und brandgesicherten Tankanlagen, nicht als Pufferspeicher verwendbar) wären so enorm, dass die zu erzielende geringe Stromeinsparung dem gegenüber überhaupt nicht ins Gewicht fallen würde.  Ein solches Fahrzeug würde niemand haben wollen. Es würde auch deshalb niemals gebaut werden können, weil  es wegen seiner gesundheits- und klimaschädlichen Eigenschaften nicht mehr zugelassen würde.


Doch genau solche Fahrzeuge fahren wir derzeit noch fast alle. Wie bescheuert müssen wir sein, wenn wir nicht schnellstmöglich auf Elektrofahrzeuge umsteigen. Es würde schon ausreichen, wenn sie insgesamt (unter Berücksichtigung aller Kosten) nicht teurer sind, als Verbrenner, die Praxisreichweite sich gegenüber heute verdoppelt (auf mindestens 300 km) und Lademöglichkeiten an Autobahnen und Supermärkten zur Verfügung stehen.


Fachleute schätzen, dass diese Bedingungen bereits 2018 eintreten, bei einzelnen Modellen auch schon früher. Denn die Trends sind eindeutig und unumkehrbar:


Die Batteriekosten sinken rapid (seit Jahren um 1% pro Monat).  Durch erhebliche Produktionsausweitungen (z. B. durch Tesla mit seiner Batteriefabrik „Giga-Factory“) wird sich der Preisverfall noch stark beschleunigen. Gleichzeitig  werden die Akkus immer leistungsfähiger und kompakter. Einige Hersteller haben – getrieben von Tesla - bereits für 2017 Elektroautos angekündigt, die eine Praxisreichweite von 300 km und mehr haben.  Verbrenner werden (da die Motoren immer aufwändiger konstruiert werden müssen, um den Schadstoff- ausstoß weiter zu verringern) dagegen immer teurer. Ein Schnellladenetz entlang der Fernstraßen lässt sich sehr rasch aufbauen. Tesla hat es mit seinen „Superchargern“ vorgemacht. Andere werden folgen. An den ersten Supermärkten gibt es bereits Ladestationen.


Hinzu kommt, dass sich – bedingt durch die ungebremste Erderwärmung – die negativen Klimaereignisse (Katastrophen durch z. B. Stürme und Dürren) extrem häufen werden. Das wird eine schnellere Decarbonisierung und damit die Elektrifizierung des Autoverkehrs erheblich beschleunigen. Wie hoch die Preise für fossile Kraftstoffe sind spielt da keine Rolle mehr.


 Die Frage ist also nicht, ob der Elektromotor den Verbrenner ablöst, sondern wann der Wechsel vollzogen sein wird. Es bestehen gute Chancen, dass bereits in 10 Jahren der durch die überhundertjährige Verbrenner-Episode eingetretene Entwicklungsrückstand bei Batteriespeichern vollständig aufgeholt ist. Dann wird das eingangs dargestellte fiktive Szenario oder ein ähnliches  bei uns Wirklichkeit geworden sein.

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