Opel Ampera-e vs. Tesla M3 - ein Vorab-Vergleich

Eines Vorweg. Gegen das Model 3 und den Ampera-e, die bei der Reichweite neue Maßstäbe setzen, werden sich bei uns die anderen E-Auto-Modelle (trotz Erhöhung der Batteriekapazitäten) sehr schwer tun.

 

Tesla war - was Elektroautos angeht - bisher das Maß aller Dinge. Nun kommt der (mit dem Chevrolet Bolt nahezu identische Opel Ampera-e) auf den Markt. Das Fahrzeug soll plötzlich fast 40 km (genau: 23 Meilen oder 37 km) mehr Reichweite haben, als der Rivale Model 3. Das ist nicht viel, aber auch nicht so wenig,  dass man darüber hinweg sehen kann. Bleibt es dabei, ist der Chevy/Opel bei der Reichweite eindeutig vorne. Das verschafft ihm einen enormen Vorteil. Schließlich ist die Reichweite neben dem Preis das wichtigste Kriterium für die Kaufentscheidung potentieller Kunden.

 

Es ist schon etwas verwunderlich, wenn GM die Reichweite von ca. 200 Meilen (320 km) plötzlich um fast 20% auf 238 Meilen (EPA) oder 383 km nach oben setzt. Man hat  wohl bewusst so lange gewartet, bis die Entwicklung des Model 3 abgeschlossen war, weil man davon ausgeht, dass Tesla dann nicht mehr gegensteuern kann. Wenn man sich da nur nicht getäuscht hat. Tesla ist flexibler, als alle herkömmlichen Autobauer. Immer wahrscheinlicher wird dadurch, dass in das Model 3 eine einheitliche Batterie mit 75 kwh Speichervermögen eingebaut wird. Bei der für das Basismodell angekündigten Reichweite von 215 Meilen (346 km) nach EPA (= ca. 425 km nach NEFZ) dürften nur etwa 51 kwh (bei einer Reserve von 9 kwh) freigegeben sein. Geschickt von Opel war es, die NEFZ-Reichweite zunächst mit nur etwa 400 km anzugeben und dann auf über 500 zu erhöhen. Das erhöht die Glaubwürdigkeit der ebenfalls genannten Praxis-Reichweite von 380 km. Wie weit man dann tatsächlich kommt, bleibt abzuwarten.

 

Die drei Rekuperationsstufen des Ampera-e und das niedrigere Gewicht lassen auf jeden Fall im Stadtverkehr Einsparungen im Stromverbrauch erwarten. Dagegen wird der Tesla - wegen seines niedrigeren Luftwiderstandes - bei der Autobahn-Reichweite deutliche Vorteile haben.

Bei den Messzyklen (EPA und NEFZ) spielt das keine Rolle, da hier mit niedrigeren Geschwindigkeiten gefahren wird. 

 

Der Frontantrieb des Ampera-e könnte  - zumindest bei winterlichen Straßenverhältnissen - vorteilhafter und damit - gegenüber dem Heck-angetriebenen Basis-Tesla -  eher ein Pluspunkt sein.

 

Die Höchstgeschwindigkeit des Opel ist nicht nur wegen der früheren Abriegelung sehr viel niedriger, als die des Tesla. Auch die geringere Motorleistung und der höhere Luftwiderstand bremsen den Ampera-e bei höheren Geschwindigkeiten.  Wegen des stärkeren Motors wird das Model 3 nicht nur beim Drehmoment, sondern auch bei der Beschleunigung einen Vorsprung haben. Aus dem Stand erreicht es die Marke von 100 km/h um über eine Sekunde früher, als der Opel. In der Praxis dürften diese Differenzen allerdings wenig Bedeutung haben, da E-Autofahrer - schon um Energie zu sparen - das Strompedal generell eher zurückhaltend betätigen.

 

Vom Raumangebot her ist der Tesla dem Opel sicher deutlich überlegen , wenngleich man in beiden Fahrzeugen  Platz für mindestens 4 erwachsene Personen mit Gepäck hat, im Tesla allerdings deutlich mehr (s. Fotos). Für den Opel spricht, dass das geringere Ladevolumen - bauartbedingt - flexibel und damit besser genutzt werden kann. 

Hinterer Kofferraum Tesla Model 3
Hinterer Kofferraum Tesla Model 3
Ladeabteil Chevy Bolt (weitgehend identisch mit Ampera-e)
Ladeabteil Chevy Bolt (weitgehend identisch mit Ampera-e)

 

Der Preis dürfte bei Opel (wenn man den US-Preis vor Steuern in Euro umrechnet und 19% Mehrwertsteuer aufschlägt) bei knapp 40.000 Euro liegen. Für den Tesla dürfte (obwohl das Model 3 in den USA 2.500 Euro weniger kostet, als der Bolt) bei uns in etwa die gleiche Summe fällig werden. Die ersten Ampera-e-Käufer werden mit Sicherheit in den Genuss der E-Auto-Prämie kommen und damit 4.000 Euro weniger zahlen. Ob es für den Tesla (noch) einen Zuschuss vom Staat geben wird, ist allerdings fraglich. 

 

Damit ist alles klar oder auch wieder nicht.  Denn es gibt ein paar Details, die man zusätzlich berücksichtigen muss:

 

Dem  Fahrer des Model 3  wird  schon vor Fahrtbeginn am Navigationssystem angezeigt, wann und wie lange an welchem Super-Charger aufladen muss.  Selbst wenn der Ampera-e eine ähnliche Anzeigemöglichkeit hätte, muss er zusätzlichen Nachteilen kämpfen: 

 

Der Opel kann (da er mit dem Chevrolet Bolt identisch ist) mit Wechselstrom voraussichtlich nur einphasig und damit (auch zu Hause) nur sehr langsam geladen werden und muss sich beim "Schnelladen" mit Gleichstrom mit den noch relativ seltenen und  (im Vergleich zu den Super-Chargern von Tesla) langsamen CCS-Ladern begnügen. Hier bremst  Opel sein Fahrzeug selbst aus. Opel-Fahrer (und auch alle anderen, außer Tesla) müssen sich außerdem auf noch nicht absehbare Zeit mit den bekannten Mängeln der noch schlechten Lade-Infrastruktur herumschlagen.

 

Das sind Punkte, die die Absatzchancen  für den Ampera-e deutlich schmälern.

 

Fazit: Der Tesla ist von der Papierform in einigen Punkten dem Opel überlegen (nicht aber bei der für die Akzeptanz wichtigen Reichweite und wahrscheinlich auch nicht im Preis). Der Ampera-e ist dann das attraktivere Angebot, wenn man sowohl zu Hause als auch unterwegs mit deutlichen Einschränkungen bei der Ladegeschwindigkeit leben kann und keinen großen separaten Kofferraum braucht. Uneingeschränkt zu empfehlen ist er erst und nur dann, wenn es eine Aufrüstmöglichkeit für 3-phasigen Wechselstrom mit mindestens 22 kw sowie die künftigen CCS-Lader mit 150 kw gibt. Kann Opel das nicht anbieten, wird der Ampera-e nur eine Eintagsfliege bleiben. Umgekehrt kann allerdings der Tesla bisher nicht an CCS-Ladern geladen werden, was bisher noch kein Nachteil ist, aber noch zu einem werden könnte (wenn CCS-Lader einmal weit verbreitet sind).

 

Wer  in der Lage und bereit ist, deutlich mehr Geld auszugeben, für den ist der Tesla der bessere Stromer, weil er bei Autobahn-Geschwindigkeit weniger Energie verbraucht, bessere Lademöglichkeiten hat und für ihn auch Allradantrieb (Dualmotor) sowie eine größere Speicherkapazität erhältlich sind. 

 

Hier noch einmal ein Vergleich der wichtigsten Daten, die auf den bisher bekannten Informationen beruhen oder davon abgeleitet sind :

 

                      Opel Ampera-e / Tesla Model 3 (Basismodell)

 

Antrieb:                                 Hinterradantrieb (Dualantrieb gg. Aufpreis) / Vorderradantrieb

Schnell-Ladung:                   CCS 50 kw / Super-Charger (derzeit 120 - 135 kw)

Höchstgeschwindigkeit:    150 / ~200 km/h (beide abgeriegelt)

PS                                          204 / ~330

Nm                                         360 / deutlich über 360

Gewicht in kg:                       ca. 1.625 / ca. 1.850 (geschätzt)

Beschleunigung 0-100:       ~7  /  < 6 s

Länge in cm:                         417  /über 450 

cw-Wert:                                0,32 / 0,21

Laderäume in l (Anzahl):     381  (1) / > 500 (2)

Speicher (tatsächlich genutzt):  60* / 51* kwh (geschätzt aufgrund der Reichweitendifferenzen)

Reichweite (EPA, NEFZ):     383, ~500 / 346, ~460 (alles vorläufig; bei Aufladung 100%)

AC  bis 80%: ~13 Std. (max 4,6 kwh = 24 km/h) / ~ 6 Std. (max. 11 kwh = 58 km/h)

DC Schnellladung bis 80%: 70 Min. mit 50 kw / 40 Min. mit Super-Charger (120  kw)

DC Schnelladung 100%:      120 Min. mit 50 kw / 70 Min. mit Super-Charger (120 kw)

DC Schnellladung 150 km: 30 Min. mit 50 kw  / 20 Min. mit Super-Charger (120  kw) 

 

* incl. Reserve 68 kwh (bei NEFZ über 500 km nicht anders nachvollziehbar) / 60 kwh (geschätzt)

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Norbert (Donnerstag, 27 Oktober 2016 13:07)

    Ein guter Vergleich. Die Höchstgeschwindigkeit beim Model 3 von sicher mehr als 150 km/h ist für mich schon immer ein Kaufargument, das bisher noch nicht groß genannt/berücksichtigt wurde. Man möchte ja auch mal Spaß haben...ohne ein Dauerraser zu sein. Wenn der Akku dann nur 50 km reicht, ist das einkalkuliert. Die Form des Ampera- e (inkl. Räder) finde ich sehr altbacken. Das Auge kauft mit...
    Wir werden es schon noch erwarten...Grüße aus dem Allgäu!